Von Randolf Leyk
Lech, Zürs, St. Anton, St. Christoph, Stuben – fünf Orte, drei Etap- pen, drei Tage. Der Arlberg Trail in Vorarlberg und Tirol bietet schroffe Felsen, Hoch- ebenen mit Murmel- tieren und jede Menge Höhenmeter.
Etappe 1
8.30 Uhr: Ich stehe an der Rüfikopf-Seilbahn. Die Gondel ist am frühen Morgen bereits gut gefüllt. Oben angekommen, führt mich ein kurzer Abstecher auf die Plattform, von der es eine be- eindruckende 360-Grad-Fernsicht in alle Himmelsrichtungen gibt – bis hin zum Bodensee. Das Wetter meint es an diesem Tag aber auch ausgesprochen gut. Dann führen die ersten Schritte auf dem Arlberg Trail zunächst entlang des SteinZeitWeges, der eine Auswahl an geologischen Kostbarkeiten bereithält.
Wer übrigens nur hier oben unterwegs sein möchte in der Nähe des Rüfikopfes, der kann auch den etwas umfangreichen Geo-Weg erwandern, den der Geologe Georg Schnell initiierte. Doch die Zeit drängt. „Wer es nicht rechtzeitig zur Bergstation der Valluga I Seilbahn schafft, um um 16.30 Uhr die letzte Gondel zu erreichen, der hat noch einen vierstündigen Marsch ins Tal mit etwa weiteren 1400 Höhenmetern vor sich“, weiß Markus Hahn. Der 38-Jährige von Lech Zürs Tourismus muss es wissen, ist der Trail doch quasi sein Kind. Er hat vier Jahre lang an der Drei-Tagestour getüftelt, sie ins Leben gerufen.
Es dauert nicht lange und die ersten schweißtreibenden Anstiege warten. Höhenmeter um Höhenmeter geht es in Richtung Stuttgarter Hütte. Belohnt werden die Mühen mit unfassbaren Blicken, die dem Massentourismus verborgen bleiben. Wer braucht einen Grand Canyon, wenn diese atemberaubende Bergwelt sich einem öffnet? Beim Blick auf den Monzabonsee und entlang der Lawinen-Rinnen ist Einsamkeit pur angesagt. Lediglich ein paar Kuhglocken unterbrechen die Berg-Ruhe.
Steinige, enge Wege lassen kurz darauf den Puls erneut höher schlagen. Die Pause auf der nur im Sommer geöffneten Stuttgarter Hütte kommt da gerade recht. Hier erwartet die Gäste nicht nur österreichische Kost. Hüttenwirt Ang Kami Lama, der noch 2022 als Sherpa den Mount Everest bestiegen hat, serviert seit einigen Jahren traditionelle nepalesische Köstlichkeiten.
Doch leider gibt es auf der Königsetappe des Trails eine Routenänderung. Die Vallugabahn musste kurzfristig wegen Wartungsarbeiten für zwei Tage geschlossen werden – ausgerechnet heute. Also bleibt nur der halbstündige Aufstieg zum Elijoch und zur Landesgrenze Vorarlberg / Tirol mit Blick auf die imposante hochalpine Tiroler Bergwelt, um die anschließend rund 700 Höhenmeter Richtung Zürs abzusteigen und das erste Etappenziel mit dem Bus zu erreichen. Immerhin das erste Drittel ist geschafft, ohne Blasen und ohne andere Blessuren.
Der Zürser See liegt idyllisch inmitten der Berwelt. Ein wenig weiter oben kann man mit etwas Glück auch Murmeltiere sehen.
Etappe 2:
Entspannt geht es mit der Galzigbahn auf gut 2000 Meter. Und sogleich warten 400 Höhenmeter bergab nach St. Christoph. Hier können die Oberschenkelmuskeln zeigen, zu was sie am frühen Morgen in der Lage sind. Der Lohn sind erneut spektakuläre (und diesmal völlig andere) Blicke auf die Gipfel der Region – einfach nur traumhaft. Wenig später ist es mit der Entspannung vorbei.
Kehre um Kehre schlängelt sich der enge und steile Weg in die Höhe – das nächste Ziel Stuben scheint unendlich weit weg, die Steigungen scheinen kein Ende zu nehmen.
Hier ist weniger Walken denn Ausdauersport angesagt. Vorbei an kleinen Gebirgsseen, über riesige Felsen- und Geröllfelder dankt der Arlberg Trail die Anstrengung mit einem Bild aus schottischem Hochland und neuseeländischer Natur. Wenn ich es nicht besser wüsste, wäre ich mir sicher, hier den Drehort der Hobbit-Filme gefunden zu haben.
So langsam scheint die Albona-Höhe in Sichtweite zu kommen. Ein kurzer Schlenker um den 2400 Meter hohen Knödelkopf und die Bergstation ist zu sehen. Doch was heißt zu sehen? Denn der Weg schlängelt sich weiter durch die Natur, mal steil mit Steigungen von bis zu 35 Prozent, mal bergab auf einem schmalen Grat. Und das Zwischenziel, die Kaltenberghütte, ist noch nicht zu erahnen. Bei 26 Grad und Sonne pur werden Durst und Hunger zu weiteren Herausforderungen. Ein letztes Geröllfeld, Blick ins Klostertal (wieder in Vorarlberg), ein letzter schmaler Anstieg dann ist auch die Hütte erreicht. Gespritzer Johannisbeersaft und Apfelstrudel dienen als Batterieauflader.
Etappe 3:
Die Beine sind zwar am Morgen noch etwas schwer, doch das Einlaufen entlang der Dorfstraße, ehe es links hinauf in Richtung Wasserfälle und Flexenpass geht, klappt prima. Die Freude währt allerdings nur kurz. Abermals geht es nach kurzer Zeit auf einen Weg, der steil ansteigt und teils nicht gerade breit ist. Aber auch belohnen mich traumhafte Blicke auf Stuben, und ich erreiche wenig später die europäische Wasserscheide kurz vor Zürs. Hier geht es kurz neben der Passstraße bis zur Seekopfbahn, die 500 Höhenmeter übernimmt. Oben angekommen, eröffnet sich ein Panorama auf den Zürser See, das seinesgleichen sucht. Wie formulieren es die US-Amerikaner so schön: „Breathtaking“ – oder auch einfach nur atemberaubend. Stille, schillerndes Blau, karge Felslandschaft und Wollgrasebenen – mehr geht nicht. Fotos können diese Einzigartigkeit nur ansatzweise wiedergeben, Worte diese nicht beschreiben.
Ich genieße dieses Gefühl für eine halbe Stunde, ehe es weiter aufs 2436 Meter hoch gelegene Madlochjoch geht.
Und von nun an heißt es nur noch genießen. Wo es im Winter auf Skiern gen Tal geht, wo die Spuren des „Weißen Rings“ verlaufen, da warten die letzten Kilometer in Richtung Lech – immer bergab, immer ein Genuss. Muskeln und Sehnen funktionieren wie in Trance.
Die Tour kann man problemlos alleine gehen und selbst organisieren, es gibt aber auch Pauschalangebote samt Gepäcktransport.
www.arlbergtrail.com
www.lechzuers.com
www.stantonamarlberg.com
www.stuben-arlberg.at
www.arlbergtrail.com
Hotels direkt an der Etappenstrecke :
Lech: www.gotthard.at
St. Anton: www.hotel-alte-post.at
Stuben: stuben.rocks/das-johann/
Hoch oben erinnern die Auenlandschaften ein wenig die Szenerie in Herr der Ringe (oben).
Während der Etappen erwarten Wandererinnen und Wanderer immer wieder imposante Ausblicke auf die Arlberger Bergwelt (kleine Bilder unten) . Fotos. Randolf Leyk
Das ist wichtig. Denn der Abstieg in Richtung Stuben wartet, während die Sonne ihren Zenit überschritten hat, die Temperaturen aber nicht zurückgehen. Die Route bergab fordert noch einmal einiges. Fast 700 Höhenmeter, zweieinhalb Stunden Abstieg – zunächst über Wiesen und Moore, über zahlreiche Bachläufe mit Wasserfällen (Achtung, nicht ausrut- schen!), vorbei an Blaubeer- und Preiselbeersträuchern und durch Fichtenwäldchen sowie Latschen.
Danach führt der Weg immer steiler im Zickzackkurs auf schmalen Serpentinenpfaden. Dabei geht der Blick auf die Valluga. Hier werden noch einmal Endorphine freigesetzt, ehe die letzten der insgesamt fast 16 Kilometer weiter eine Herausforderung für den Körper bleiben. Denn der Weg wird zusehends verwurzelter und steiniger. Am späten Nachmittag ist Etappe 2 endlich geschafft – um 17 Uhr am Nachmittag heißt es Füße hochlegen.
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